Der Mahlgrad des Kaffees entscheidet darüber, welche Aromen wir im Kaffee schmecken: Säure, Bitterstoffe, Süße, Frucht. Aber nicht allein. Der Mahlgrad hängt ganz eng mit einer weiteren wichtigen Größe zusammen, die den Geschmack entscheidend prägt: der Extraktionszeit. Also der Dauer, in welcher das Wasser mit dem Kaffeepulver in Berührung ist und den feinen Körnchen den Geschmack entzieht. Diese beiden Faktoren bilden die geheime Formel für den perfekten Geschmack.
Mahlgrad und Extraktion
Je feiner der Kaffee gemahlen ist, desto mehr Oberfläche bieten die vielen einzelnen Körnchen dem Wasser. Beim Brühvorgang werden Aromen aus dem Kaffee gelöst. Je länger der Brühvorgang und je intensiver der Kontakt zwischen Kaffeemehl und Wasser, desto mehr Aromen werden frei.
Dabei ist „mehr“ aber nicht gleich „besser“. Es gibt ein Zuviel, der Fachmann nennt das „Überextraktion“. Dabei werden mehr Aromen aus dem Kaffee gelöst als erwünscht – vor allem Bitterstoffe. Ebenso gibt es natürlich ein Zuwenig, die „Unterextraktion“. Sie resultiert ganz einfach in fadem, wässrigem Kaffee, weil das Wasser zu schnell durchläuft, um genügend Aromen aus dem Kaffee zu lösen. Wie so oft suchen wir also die goldene Mitte. Man hat sogar die ideale Extraktionsrate bestimmt: sie ist überraschend niedrig, nämlich zwischen 18% und 22% der Aromen. Was darüber hinausgeht, ergibt Aromen, die man gar nicht in der Tasse haben möchte. Bittere, säuerliche, verbrannte.
Mahlgrade und Brühmethoden
Zurück zum Mahlgrad. Ist der Kaffee zu fein gemahlen, besteht die Gefahr der Überextraktion. Ist er zu grob, kann es zur Unterextraktion kommen. Warum hat man sich dann eigentlich nicht auf den einen, perfekten Mahlgrad geeinigt? Weil die verschiedenen Zubereitungsmethoden unterschiedlich feines Kaffeemehl erfordern: Ein Espresso ist schließlich viel kürzer mit dem Wasser in Berührung als ein Filterkaffee. Der Faktor Zeit ist also entscheidend für den richtigen Mahlgrad.
Der richtige Mahlgrad für Espresso oder Filterkaffee
Ganz auf der „feinen“ Seite steht die Zubereitung mit der Siebträgermaschine. Beim Brühvorgang wird das Wasser mit hohem Druck, aber ganz schnell durch den Kaffee gepresst. Wasser und Kaffeemehl sind nur wenige Sekunden in Kontakt. Da gilt es durch einen feinen Mahlgrad möglichst viel an Oberfläche rauszuholen, damit sich in der kurzen Zeit genügend Aromen lösen.
Das „grobe“ Extrem bildet Kaffee aus der Karlsbader Kanne, der traditionellen Porzellanfilterkanne – feines Kaffeemehl würde durch den Filter sinken und im Kaffee landen. Hier wie auch bei der French-Press-Methode hat das Wasser reichlich Zeit, um die Aromen zu lösen. Ein grober Mahlgrad genügt deshalb. Ist der Kaffee zu fein gemahlen, wird er bitter.
Die Mahlgrade von grob bis fein
Was heißt nun eigentlich „grob“ und was „fein“? Natürlich kann man – zumal mit einer modernen, stufenlos einstellbaren Kaffeemühle – unendlich viele Abstufungen erzeugen. Der Verständigung zuliebe unterscheidet man aber allgemein fünf Mahlgrade:
Sehr fein, fein, mittel, grob, sehr grob.
Die Mahlgrade und ihre Verwendung im Überblick:
- Sehr fein: der richtige Mahlgrad für die Siebträgermaschine
- Fein: mittel bis fein ist der perfekte Mahlgrad für die italienische Espressokanne auf dem Herd
- Mittel: der Standard für Filterkaffee – ob mit dem Handfilter, der Kaffeemaschine oder (wieder in Mode!) der Chemex gebraut. Fertig gemahlener Kaffee aus dem Supermarkt hat normalerweise einen mittleren Mahlgrad.
- Grob: ideal für die French Press
- Sehr grob: für die Zubereitung in der Karlsbader Kanne
Weitere Faktoren
Neben der Zubereitung in Siebträger, Handfilter oder French Press, welche über Temperatur und Dauer des Extraktionsvorgangs entscheiden, gibt es aber noch weitere Faktoren, die auf den Mahlgrad Einfluß nehmen:
Die Bohnensorte: Gerade Robusta-Sorten werden aufgrund ihrer intensiven schokoladigen Noten vorzugsweise für Espresso verwendet. Daher würde man diese Kaffeesorten eher feiner mahlen.
Der Röstgrad: Auch hier eigenen sich bestimmte Sorten besser für helle oder dunkle Röstungen – abhängig davon, ob man eher einen Filterkaffee oder einen Cappuccino brühen möchte. Helle Röstungen enthalten mehr Säure, dunkle schmecken deutlich schokoladiger und haben wenig Säure. Espresso wird meist dunkler geröstet – Filterkaffee eher heller. Eine helle Röstung für Filterkaffee würde man daher eher etwas gröber mahlen.
Fazit
Wenn ihr unzufrieden mit dem Geschmack und der Intensität eures Kaffees seid, lohnt sich ein Blick auf den Mahlgrad – vielleicht müsst ihr nachbessern. Ein schwacher, wässriger Kaffee deutet auf Unterextraktion hin. Wählt einen feineren Mahlgrad, damit das Wasser mehr Kontaktpunkte findet und während der Brühzeit mehr Aromen aus dem Kaffee lösen kann.
Bitterer Kaffee spricht für Überextraktion, also eine zu lange Brühzeit oder einen zu feinen Mahlgrad. Probiert dann eine etwas gröbere Einstellung.
Eine gute Kaffeemühle besitzt ein solides Kegel- oder Scheibenmahlwerk. Den Mahlgrad solltet ihr unbedingt variabel einstellen können. Für anspruchsvolle Kaffeeliebhaber auf jeden Fall eine sinnvolle Investition – oder ein Wunschgeschenk zum nächsten Geburtstag.
Urgroßmutters Kaffeemühle bringt andere Ergebnisse als das integrierte, vollautomatische Mahlwerk an der Maschine – aber auch hier kann man mit Hilfe der Bedienungsanleitung oder des Kundendienstes die Einstellungen ändern.
Bleibt neugierig und hört nicht auf zu experimentieren!